Die Hafenstadt Klaipeda – das alte Memel
Klaipeda ist heute der bedeutendste Ostseehafen Litauens und gilt als Tor zur Kurischen Nehrung. Bis 1920 war die Stadt an der Dangemündung nördlichste Stadt Deutschlands und hieß Memel. Vor dem Krieg war Memel eine beschauliche Kleinstadt mit 40.000 Einwohnern, heute ist die Hafenstadt am Ausgang des Kurischen Haffs und des Memeldeltas in die Ostsee eine quirlige, boomende Stadt mit rund 185.000 Einwohnern.
Von Memel nach Klaipeda – Geschichte einer Stadt
Das heutige Klaipeda blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Besiedelt war das heutige Gebiet schon zu Beginn unserer Zeitrechnung von baltischen Stämmen, später gehörte es nacheinander zum Deutsche Orden, Preußen, Schweden, dem Deutschen Reich, zu Litauen durch die Annexion des Memellandes 1923, dann durch die Sowjetunion und heute wieder Litauen.
Anfang des 13. Jahrhunderts stieß der Livländische Schwertbrüderorden vom 1201 gegründeten Riga auf seinen Eroberungsfeldzügen Richtung Memel vor. Zur gleichen Zeit erreichte der Deutsche Ritterorden von Süden her in die Region am Memeldelta. Bald stand nur noch die Festung Klaipeda zwischen den beiden Ordensheeren und wurde nach schweren Kämpfen von den Ordensbrüdern erobert. Nun waren die beiden Ordensterritorien über den Strandweg vereint. Der Schwertbrüderorden baute 1252 an der Stelle die steinerne Burg Memele. Diese Burg war solange der Ordensstaat bestand von großer Bedeutung, denn sie hielt allen Angriffen der baltischen Stämme der Auksteiten, Kuren und Zemaiten stand. Bedrohlich wurde die Lage der Ordensterritorien erst, als sich Aukstaiten und Zemaiten 1323 zu einem litauischen Großreich unter Führung des Großfürsten Gediminas zusammenschlossen. Damit war eine neue Großmacht auf den Plan getreten, die bald Stadt und Burg Memel eroberte.
Darauf war ein rund 100 Jahre währender Krieg um Memel und das Memelgebiet entbrannt, schließlich war die Region nicht nur strategisch bedeutend, sondern beherrschte auch den Handel von der Ostsee vor allem mit den weißrussischen Gebieten über die Memel (Njemen). Nicht umsonst wurde Memel bereits 1254 Mitglied der Hanse. Die kriegerischen Auseinandersetzungen wurden erst im Frieden vom Melno-See 1422 beendet. Damals wurden die östlichen Grenzen des Ordensstaates festgelegt. Memel und das Memelgebiet kamen nun endgültig zum Staatsgebiet des Deutschen Ordens. Die Stadt Memel blühte auf und wurde zu einem bedeutenden Handels- und Schifffahrtszentrum. Memel blieb bis zum Ende Territorium des Ordensstaats und ging nach dessen Umwandlung in ein erbliches Herzogtum Preußen im Jahr 1525 an Preußen über. Bis zum Jahr 1923 blieb Memel ein Teil Ostpreußens. Durch den Versailler Vertrag (Art. 99) wurde das Memelland – die zuvor zum Deutschen Reich gehörenden Gebiete nördlich von Memel und Ruß – ohne Volksabstimmung abgetrennt und stand unter internationaler, von den Franzosen wahrgenommenen Herrschaft mit deutscher Verwaltung. Im Jahr 1923 besetzten litauischen Truppen das Memelland und im Jahr darauf wurde die Region als Klaipėda-Bezirk annektiert. Im Jahr 1939 wurde das Memelland dann noch einmal deutsch, nachdem Hitler Litauen zur Rückgabe nötigte. Nach dem Krieg wurde Memel der neu gegründeten litauischen Sowjetrepublik eingegliedert und nahm den alten Namen Klaipėda wieder an. Die Stadt blieb für Ausländer gesperrt, bis sich Litauen 1990 als erste Unionsrepublik der Sowjetunion zum selbständigen Staat erklärte.
Klaipeda – eine moderne Hafenstadt
Heute ist Klaipėda ein wachsendes Seehandelszentrum mit Öl-, Handels- und Fischereihäfen. Die Stadt ist Litauens größter Seehafen und von internationaler Bedeutung auch deshalb, weil er im Winter als einer der wenigen Häfen der nördlichen Ostsee eisfrei bleibt. Den modernisierten und vergrößerten Hafen können Schiffe mit bis zu 330 m Länge und bis zu 13,5 m Tiefgang anlaufen. Immer größer wird auch die wirtschaftliche Bedeutung des seit 2003 bestehenden Kreuzfahrtterminals.
Wichtig ist Klaipeda auch als Fährhafen und bietet neben Linien nach Kopenhagen, Åhus, Rotterdam, Felixstowe und Malmö auch eine Fährverbindungen nach Deutschland. Von Kiel nach Klaipeda ist man mit den Schiffen der DFDS-Linie rund 19 Stunden unterwegs.
Klaipeda mit Spuren der Memeler Altstadt
Heute sind in Klaipeda viele restaurierte Spuren vom alten Memel zu finden. Die Altstadt Memels beginnt gleich hinter der Dange, an der im Sommer auch in den hellen Nächten viel buntes Treiben herrscht, Folkloreensembles und Musikgruppen fast aller denkbaren Richtungen unterhalten beim Abendbummel. Tretboote, Kanus und Standup-Paddler sind auf dem Wasser unterwegs. Zahlreiche Cafés, Bistros und Pubs laden zum Verweilen. Nicht weit ist es zum Wochenmarkt der mit seinem Frischeangebot an regionalen Lebensmitteln, Obst, Gemüse und Fisch zum Probieren lockt. Weiter führt der Stadtbummel vorbei an vielen längst wieder restaurierten Gebäuden, wie der alten Post. Fast alle Routen führen wie magisch angezogen zum Theaterplatz. Beliebter Treffpunkt dort ist der Simon-Dach-Brunnen mit der Figur des „Ännchen von Tharau“. Sie war die Angebetete des in Memel geborenen Dichters Simon Dach (1605-1659), der er das berühmte Gedicht widmete, das später auch vertont wurde. Anna Neander aus Tharau blieb Simon Dachs unerfüllte große Liebe. Sie heiratete 1636 den Pfarrer Johannes Portatius, nach dessen Tod den Pfarrer Christoph Grube und nachdem auch Grube verstorben war, den Pfarrer Johann Melchior Beilstein. Auch ihren dritten Mann überlebte sie und lebte von 1676 bei ihrem ältesten Sohn Friedrich Portatius, der Pfarrer der Lutherkirche in Insterburg war. Bis heute erinnert dort ein Gedenkstein an sie. Der Platz vor dem Memeler Theater mit dem besonderen Flair sommerlicher Leichtigkeit ist riesig und von Restaurants, Straßencafés und Souvenirläden umstanden.
Auf dem Gelände des alten städtischen Friedhofs liegt der 1977 eingerichtete zehn Hektar große Mazvydo Skulpturenpark. Auf dem weitläufigen Park sind 117 Werke litauischer Bildhauer ausgestellt. Weiter geht es zu den Resten der al¬ten Memelburg. Unterwegs kommt man an etlichen Straßenständen und Läden mit Bernstein und anderen kunstgewerblichen Arti¬keln vorbei und kann ausgiebig Urlaubssouvenirs erstehen. Irgendwann gerät hier jeder ins Bernsteinfieber.
Nicht weit von den Burgresten, die hauptsächlich aus einem gras¬bewachsenen, einer Wurft ähnlichen Hügel besteht, auf dem die Memelburg einst stand, liegt am Dangeufer ein malerischer Sport¬boothafen vor den erhaltenen Speicher¬häusern, auf denen sogar noch deutsche Aufschriften erkennbar sind. Sehenswert in Klaipeda ist auch das Kleinlitauen Museum, das umfassend über die Geschichte der Memelregion im Spannungsfeld zwischen Deutschland, Litauen, Polen und Russland berichtet sowie Leben und Kultur der Menschen Kleinlitauens lebendig werden lässt.
Das Tor zur Kurischen Nehrung
Klaipėda ist ideal als Standort geeignet für Ausflüge in die ausgedehnten Kiefernwälder im Norden der Stadt, die sich von der Küste aus 20 km landeinwärts erstrecken. Hier finden sich die schönsten Ostseestrände Litauens. Die bekanntesten Badeorte sind hier Palanga (dt. Polangen) mit dem Bernsteinmuseum, Melnarage (dt. Mellneraggen) und Giruliai (dt. Försterei), wo man auf kilometerlangen Stränden mit festem Sand stundenlang laufen kann.
Ein Trip wie die Individualreise „Litauen zum Kennenlernen“ macht in Klaipeda Station und bietet reichlich Gelegenheit die Stadt, das Memelland und die Kurische Nehrung kennenzulernen. Wer nämlich Klaipeda besucht, für den ist ein Besuch der Kurischen Nehrung quasi ein Muss. Neben den Speicherhäusern ist der Anlegeplatz der Fähren zur Kurischen Nehrung nach Smyltinė, dem früheren Sandkrug. Dort befindet sich an der Spitze der Nehrung Klaipėdas Strand und das Meeresmuseum mit einem wunderbaren Delphinarium. Die Museums-Anlage ist überaus sehenswert und liegt ganz oben in der Beliebtheitsskala bei Kindern und Jugendlichen. Die „Litauische Sahara“ mit ihrer wüstenartigen Dünenlandschaft bietet unvergessliche Eindrücke, die man sich nicht entgehen lassen sollte.